Vietnam: Blumen für Journalisten, Handschellen für Blogger
20.06.2013
Es klingt wie ein Widerspruch. Während kritische Blogger in Vietnam die harte Hand der Regierung zu spüren bekommen, zelebriert das Land an diesem Freitag seine Journalisten. Doch Pressefreiheit gewährt Hanoi nicht allen.
Hanoi (dpa) - Vietnam feiert an diesem Freitag den Journalismus, doch nicht für alle Schreiber wird es Blumensträuße und Geschenke geben. Gegen diejenigen, die frei und kritisch über die Ereignisse im Land berichten, greift die Regierung in Hanoi hart durch. Betroffen sind vor allem Blogger. Alleine im vergangenen Monat sind in Vietnam drei von ihnen festgenommen worden. Sie hätten "demokratische Freiheiten missbraucht", hieß es.
"Ich werde der nächste sein - ob ich etwas ins Netz stelle oder nicht", sagt Nguyen Huu Vinh, der einen beliebten politischen Blog betreibt. "Wenn sie uns nicht mögen, kann alles passieren", sagt Vinh. "Ich habe 2008 einen Blog gestartet, seither hat mich die Polizei mehr als 30 Mal verhört." Jedes dieser Verhöre habe zwei oder drei Tage gedauert, berichtet er.
Mehr als ein Drittel der 90 Millionen Einwohner Vietnams sind online. Damit stellen Blogs und soziale Medien eine immer beliebter werdende Plattform dar, über die Menschen ihrem Ärger luftmachen. Sie tauschen ihre Meinungen zu Themen aus, die in den etablierten Medien nicht aufgegriffen werden. Viele dieser Kommentatoren im Netz sind oder waren einst Reporter für staatliche Zeitungen.
"Ich bin eine Journalistin und ich kenne die Macht der Information, der Transparenz und des Wissens", sagte Doan Trang, die ebenfalls einen Blog veröffentlicht. "Ich bin absolut gegen jede Art von Medienkontrolle und Einschränkung der Meinungsfreiheit", sagt sie. "Ich setze mich für Menschenrechte ein, insbesondere für das Recht zur freien Meinungsäußerung."
Das ist ein Trend, den Vietnams Regierung längst erkannt hat - und fürchtet. Das Internet sei ein "Wissensdepot", sagte jüngst der Minister für Information und Kommunikation, Nguyen Bac Son. Gleichzeitig warnte er vor Inhalten, die Sitten und Gebräuche schädigten und den Staat sabotierten. Vietnam ist ein kommunistischer Einparteienstaat. Kritik an der Partei ist verboten.
"Die Regierung hat ein sehr altmodisches Verständnis von der Rolle der Medien", erklärt ein vietnamesischer Medienanalyst, der nicht beim Namen genannt werden will. "Einige Journalisten sehen das anders, sie glauben an eine freie Presse wie im Westen. Dennoch müssen sie sich der Selbstzensur unterwerfen, um ihre Jobs zu behalten." Die Regierung habe Angst vor Bloggern, sagt Ökonom Nguyen Quang A. Durch sie könnte ihnen "Position und Macht" entgleiten.
Bekannte Blogger hat die Polizei im Visier. Viele beschweren sich, dass sie während Protesten oder heiklen Gerichtsverfahren das Haus nicht verlassen können. Auf diese Weise würden sie an der Berichterstattung gehindert. Mit einem neuen Gesetz will Hanoi nun verbieten, sich anonym im Netz zu bewegen. Außerdem sollen Netzbetreiber verpflichtet werden, sicherzustellen, dass Inhalte, die auf ihren Seiten veröffentlicht werden, den Vorgaben entsprechen.
Den drei Bloggern, die jüngst festgenommen worden waren - Truong Duy Nhat, Pham Viet Dao und Dinh Nhat Uy - wird vorgeworfen, gegen Artikel 258 des Strafgesetzes verstoßen zu haben. Ein laut Kritikern absichtlich vage formulierter Artikel, der unter anderem den Missbrauch der Presse- und Meinungsfreiheit mit bis zu drei Jahren Gefängnis unter Strafe stellt. Es sei ein "stalinistisches" Werkzeug, findet Jonathan London von der City University in Hongkong.
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