Freitag, 1. März 2013

Interview zum Übergriff auf das ARD-Team in China


Interview zum Übergriff auf das ARD-Team in China

"Auch für chinesische Verhältnisse extrem"


Bei Dreharbeiten in der Provinz sind die Leiterin des ARD-Studios Peking, Christine Adelhardt, und ihr Team von Schlägern brutal angegriffen worden - zum zweiten Mal in sechs Monaten. Im Interview mit tagesschau.deberichtet Adelhardt über den Vorfall und erklärt, warum sich derartige Übergriffe häufen.

Tagesschau.de: Wie kam es zu dem Angriff auf Sie und Ihr Team?

Christine Adelhardt: Wir waren in einem Dorf in der Provinz Hebei für einen Beitrag zum Thema Urbanisierung unterwegs - etwa eine Autostunde von Peking entfernt. Dabei hatten wir gleich das Gefühl, dass wir beobachtet werden. Dann sind uns zwei Autos aufgefallen, deren Fahrer miteinander gesprochen haben. Wir haben daraufhin die Dreharbeiten vorsichtshalber abgebrochen. Beim Wegfahren verfolgten uns die beiden Autos. Plötzlich wurden wir von vier, fünf Autos bedrängt und so von der Straße abgedrängt, dass wir anhalten mussten.

Die Verfolger stiegen aus, und zwei von ihnen schlugen mit hölzernen Baseballschlägern auf unseren Wagen ein. Andere versuchten in unser Auto einzudringen. In dieser Situation hatten wir wirklich Angst um unser Leben. Wir haben es dennoch geschafft, wegzufahren und konnten Verkehrspolizisten um Hilfe bitten.

Zur Person


Christine Adelhardt (Foto: NDR/Klaus Westermann)

Christine Adelhardt ist ARD- Fernsehkorrespondentin in Peking. Sie berichtete für die ARD unter anderem aus dem Kosovo, Bosnien, Albanien und Pakistan. Nach Stationen bei der NDR-Sendung "Panorama" und im Studio Washington übernahm sie als Studioleiterin das Büro in Peking.

tagesschau.de: Es ist nicht der erste Übergriff auf Ihr Team. Haben Sie das Gefühl, dass Sie in Ihrer journalistischen Arbeit systematisch behindert werden?

Christine Adelhardt: Ich halte den Vorfall für extrem und auch für chinesische Verhältnisse ungewöhnlich. Schwierigkeiten gibt es immer wieder. Gerade für Fernsehteams. Und besonders, je weiter man sich von der Zentralregierung in Peking entfernt. Die Probleme für ausländische Reporter in China insgesamt haben in der letzten Zeit zugenommen. Auch andere Kollegen berichten von Übergriffen. Das liegt vor allem daran, dass wir als Journalisten häufig Zeugen für Machenschaften von lokalen Kadern sind - deshalb sind wir bei den Lokalregierungen nicht besonders beliebt.

Der Team-Bus des ARD-Fernsehteams in Peking Großansicht des BildesSchläger demolierten den Teambus des ARD-Fernsehteams in Peking.tagesschau.de: Auch andere ausländische Journalisten in China berichten von Übergriffen - vor allem durch lokale Behörden auf dem Land. Hat sich die Situation für ausländische Journalisten in der letzten Zeit verschlechtert?

Christine Adelhardt: Ja, ich denke schon. Zum einen gibt es auf dem Land eine weit verbreitete Korruption - die hat es schon immer gegeben. Gleichzeitig hat die Regierung in Peking aber dieser Korruption den Kampf angesagt. Der Druck auf lokale Funktionäre ist extrem hoch und damit offensichtlich auch deren Aggressionspotenzial.

tagesschau.de: Die Aktionen gegen ausländische Journalisten sind also nicht zentral aus Peking gesteuert?

Christine Adelhardt: Nein, auf keinen Fall. Es ist auch wichtig, das zu betonen: Solche Vorfälle schädigen das Ansehen Chinas und das ist nun wirklich nicht im Interesse der Regierung.

tagesschau.de: Als Leiterin des ARD-Studios Peking tragen Sie ja auch Verantwortung für Ihre deutschen und chinesischen Mitarbeiter. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem erneuten Übergriff auf Ihr Team?


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