Interview zum Übergriff auf das ARD-Team in China
"Auch für
chinesische Verhältnisse extrem"
Bei Dreharbeiten in der
Provinz sind die Leiterin des ARD-Studios Peking, Christine Adelhardt, und ihr
Team von Schlägern brutal angegriffen worden - zum zweiten Mal in sechs
Monaten. Im Interview mit tagesschau.deberichtet
Adelhardt über den Vorfall und erklärt, warum sich derartige Übergriffe häufen.
Tagesschau.de: Wie
kam es zu dem Angriff auf Sie und Ihr Team?
Christine
Adelhardt: Wir waren in einem Dorf in der Provinz Hebei für einen Beitrag
zum Thema Urbanisierung unterwegs - etwa eine Autostunde von Peking entfernt.
Dabei hatten wir gleich das Gefühl, dass wir beobachtet werden. Dann sind uns
zwei Autos aufgefallen, deren Fahrer miteinander gesprochen haben. Wir haben
daraufhin die Dreharbeiten vorsichtshalber abgebrochen. Beim Wegfahren
verfolgten uns die beiden Autos. Plötzlich wurden wir von vier, fünf Autos
bedrängt und so von der Straße abgedrängt, dass wir anhalten mussten.
Die Verfolger stiegen aus, und zwei von
ihnen schlugen mit hölzernen Baseballschlägern auf unseren Wagen ein. Andere
versuchten in unser Auto einzudringen. In dieser Situation hatten wir wirklich
Angst um unser Leben. Wir haben es dennoch geschafft, wegzufahren und konnten
Verkehrspolizisten um Hilfe bitten.
Zur Person
Christine Adelhardt ist ARD-
Fernsehkorrespondentin in Peking. Sie berichtete für die ARD unter anderem aus
dem Kosovo, Bosnien, Albanien und Pakistan. Nach Stationen bei der NDR-Sendung
"Panorama" und im Studio Washington übernahm sie als Studioleiterin
das Büro in Peking.
tagesschau.de: Es ist nicht der erste Übergriff auf Ihr
Team. Haben Sie das Gefühl, dass Sie in Ihrer journalistischen Arbeit
systematisch behindert werden?
Christine
Adelhardt: Ich
halte den Vorfall für extrem und auch für chinesische Verhältnisse
ungewöhnlich. Schwierigkeiten gibt es immer wieder. Gerade für Fernsehteams.
Und besonders, je weiter man sich von der Zentralregierung in Peking entfernt.
Die Probleme für ausländische Reporter in China insgesamt haben in der letzten
Zeit zugenommen. Auch andere Kollegen berichten von Übergriffen. Das liegt vor
allem daran, dass wir als Journalisten häufig Zeugen für Machenschaften von
lokalen Kadern sind - deshalb sind wir bei den Lokalregierungen nicht besonders
beliebt.
Schläger demolierten den Teambus des ARD-Fernsehteams in Peking.tagesschau.de: Auch andere ausländische Journalisten in
China berichten von Übergriffen - vor allem durch lokale Behörden auf dem
Land. Hat sich die Situation für ausländische Journalisten in der letzten
Zeit verschlechtert?
Christine
Adelhardt: Ja,
ich denke schon. Zum einen gibt es auf dem Land eine weit verbreitete
Korruption - die hat es schon immer gegeben. Gleichzeitig hat die Regierung in
Peking aber dieser Korruption den Kampf angesagt. Der Druck auf lokale
Funktionäre ist extrem hoch und damit offensichtlich auch deren
Aggressionspotenzial.
tagesschau.de: Die Aktionen gegen ausländische
Journalisten sind also nicht zentral aus Peking gesteuert?
Christine
Adelhardt: Nein,
auf keinen Fall. Es ist auch wichtig, das zu betonen: Solche Vorfälle schädigen
das Ansehen Chinas und das ist nun wirklich nicht im Interesse der Regierung.
tagesschau.de: Als Leiterin des ARD-Studios Peking
tragen Sie ja auch Verantwortung für Ihre deutschen und chinesischen
Mitarbeiter. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem erneuten Übergriff auf Ihr
Team?
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